SMG Tage

Von Teenies, für Erwachsene – Rückblick #smgzh Informatiktage

Instagram nutzen sie für Erinnerungen und die Kreativität. Snapchat als Alltags-Stream für Freunde. Und andere Apps auch einfach zur Unterhaltung. Am Spezial-Gipfel im Rahmen der Informatiktage haben Tennies aus ihrem Online-Alltag erzählt. Die Medienpsychologin Sarah Genner hat ihre Aussagen eingeordnet und sprach über sinnvolle Regeln, Cybermobbing und Sucht.

Die Erkenntnis vorweg: Teenies tun heute ähnliches wie früher. Sie wollen sich Gleichaltrigen präsentieren, möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen, reden, sich inspirieren lassen, unterhalten werden. Ein Teil davon geschieht heute Online, weil sich das Internet dafür sehr gut eignet.

Daran sei nichts falsch, sagt Sarah Genner, Medienpsychologin an der ZHAW am Social Media Gipfel an den Informatiktagen, solange die Kommunikation und der Alltag von Jugendlichen insgesamt ausgewogen seien. Denn eine der drängendsten Frage von vielen Erwachsenen im Raum war: Wie viel Social Media ist gesund? Die Antwort von Sarah Genner: Vorsicht sei dann geboten, wenn sich Menschen ganz in die Online-Sphäre zurückziehen.


Social Media, worum geht es den Jugendlichen?

Vier Jugendliche – Cédric Gambonini (16), Mia Allemann, Julie Rüfli (beide 15) und Lars Barmettler (19) – gaben am Social Media Gipfel Einblick in ihren Online-Alltag. Die Beispiele zeigen ein breites Spektrum dessen, was Social Media attraktiv macht:

  • Am Alltag teilhaben lassen: Snapchat ist da für eine persönliche, niederschwellige Kommunikation. Die Jugendlichen lassen ihre Freunde («alle aus meinem Adressbuch, keine Aussenstehenden») wissen, was sie gerade tun und wo sie sind.
  • Den Alltag mit Freunden organisieren: Whatsapp ist das, was früher das Telefon war. Der Austausch unter Freunden findet via die Chat-Applikation statt. Nicht nur mit Text, sondern auch mit Sprachnachrichten.
  • Sich darstellen, kreativ sein, mit Freunden in Kontakt bleiben: Instagram ist für Schönes da. Jugendliche testen damit oft ihr eigenes Ansehen bei Gleichaltrigen (den «Peers») oder nutzen es, um kreativ aufzutreten. Die App hilft auch, mit Freunden im Ausland oder Gleichgesinnten (Sport, Pfadi, etc.) in Kontakt zu bleiben.
  • Unterhaltung: Die App Jodel zeigt Nachrichten von Leuten aus der Nähe. Die Meldungen sind anonym – oft witzig, machmal unter der Gürtellinie, berichtet der Lernende Lars Barmettler.

Facebook kommt in keinem der Beispiele vor. Trotzdem nutzen es manche der Jugendlichen – jedoch eher am Rande, für Einladungen zu Events oder weil sie Administrator einer Seite sind. Laut Sarah Genner ist ein Grund ist für die Zurückhaltung die fehlende Kontrolle darüber, wer die eigenen Posts sieht. Trotzdem: Neue Studien aus den USA zeigen, dass Facebook bei den 18- bis 34-jährigen gemessen an der Verbreitung und den Nutzungsminuten pro Tag noch immer weit populärer ist als Snapchat oder Instagram.


Wie viel Online ist zu viel?

Von einer bis zu sechs Stunden schätzen die Jugendlichen ihre tägliche Online-Zeit. Genau kann es aber niemand sagen. Denn das Handy ist mehr oder weniger ständig dabei, Social Media werden immer wieder und in kurzen Zeitabschnitten genutzt. Die Aussage zeigt, das Social Media, das Handy und das Internet längst zum Alltag gehören. Eine Unterscheidung von On- und Offline mache wenig Sinn, sagt auch Sarah Genner.

Ein Zeitlimit zu setzen sei deshalb selten sinnvoll. Wichtiger ist die Frage: Ist der Alltag insgesamt ausgewogen? Haben Bewegung, Essen, Schlafen, soziale Kontakte und Lernen insgesamt genügend Raum? Wenn Online limitiert werden soll, dann besser räumlich: Zum Beispiel mit einer Tech-freien Zone am Esstisch oder im Schlafzimmer nach dem Nachtessen.


Verkehrsunfälle als grösste Gefahr

Natürlich spricht Genner auch von Gefahren. Allerdings werden diese oft falsch eingeschätzt. Die wichtigsten seien:

  • Verkehrsunfälle: Sie sind die grösste Gesundheitsgefahr im Zusammenhang mit Social Media. Fussgänger und Autofahrer sind daran beide beteiligt.
  • Sucht: Apps sind darauf ausgelegt, die Nutzer so lange wie möglich auf den Plattformen zu halten. User Engagement Teams arbeiten dabei eng mit Psychologen zusammen.
  • Konzentrationsschwäche wegen Informationsüberflutung: Dafür reicht beispielsweise schon ein E-Mail-Account, der zu oft gecheckt wird.
  • Cybermobbing: Auf den Social-Media-Kanälen geht weiter, was offline beginnt. Die Kanäle sind nicht die Ursache für das Mobbing. Der Tipp von Sarah Genner: Niemals Online antworten auf Mobbing-Angriffe, sondern Hilfe holen bei einer Vertrauensperson. Dialoge können sich aufschaukeln und im schlimmsten Fall machen sich Opfer selber strafbar, wenn sie sich in Auseinandersetzungen hineinziehen lassen. Die ZHAW hat ein Merkblatt zu Cybermobbing herausgegeben (Download PDF).


Keine reine Online-Erziehung

Die Einblicke an diesem Spezial-Gipfel zeigen: Eine Erziehung für «Social Media» oder für «Online» alleine schiesst am Ziel vorbei. Die Massnahmen sollten den Alltag als Ganzes betrachten und Online als Teil davon behandeln. Erst dann wird sie der Realität von Heranwachsenden gerecht.

Regeln für Social Media muss man lernen wie Verkehrsregeln – und Unfälle können nie ganz ausgeschlossen werden. Damit die Eltern ihren Kindern sinnvolle Regeln beibringen können, müssen sie sich selber mit den Medien befassen.

Tipp: Der Anlass wurde via Facebook-Live gestreamt – das Video in voller Länge (cirka eine Stunde) ist auf der smgzh-Facebook-Seite (4. Juni) einsehbar.